Albert Schweitzer-Stiftung

Auf Einladung der Albert Schweitzer-Stiftung für unsere Mitwelt stellte GAP-Koordinator Colin Goldner auf der website der Stiftung seine tierrechtliche Arbeit vor. Nur wenige Tage nachdem der Text online gestellt worden war, wurde er ankündigungs- und diskussionslos wieder vom Netz genommen mit der nachgeschobenen Begründung, dass sich „dort Aussagen befanden, die die Grenzen des rechtlich Zulässigen überschreiten und Haftungsrisiken für uns begründen können“. Tatsächlich befanden sich rechtlich unzulässige Aussagen ausschließlich im "shitstorm" der zahlreichen Kommentare zu dem Beitrag. Dieser selbst, wie die Stiftung einige Tage später einräumte, habe „die Grenzen des juristisch Zulässigen dagegen nicht überschritten“. Gleichwohl blieb der Text offline, vermutlich seiner UL-kritischen Passagen wegen. Hier der originale Beitrag:

Vorstellung Colin Goldner

 

veröffentlicht am 17. Mrz 2012

 

Der Psychologe Colin Goldner ist der Dritte in einer losen Serie, in der wir Prominente zu Wort kommen lassen und zur Diskussion ihrer Thesen aufrufen. Vielen ist Dr. Goldner als vehementer Kritiker von Sekten und Psychokulten bekannt, seine Arbeiten über Bert Hellinger oder den Dalai Lama haben große Wellen geworfen. Lesen Sie, was er als Tierrechtler schreibt: 

 

"Als Psychologe betreue ich seit Jahren Opfer von Sekten und Psychokulten, auch Menschen, die auf Hellseher, Wunderheiler oder sonstige Esoterikquacksalber hereingefallen sind. Dieses Engagement gegen jede Form von Totalitarismus und Hirnverkleisterung setzt sich nahtlos fort in meiner Tätigkeit als Tierrechtler, weshalb ich mich seit je gegen die Versuche der Glaubensgemeinschaft »Universelles Leben« wende, Einfluß innerhalb der Tierrechts- und Tierbefreiungsbewegung zu gewinnen: Nicht unerhebliche Teile der Bewegung ergehen sich bekanntlich in einfältigster »Hauptsache-für-die-Tiere«-Rhetorik und eröffnen damit nolens-volens eine grundsätzliche Zusammenarbeit auch mit Neonazis: Wer als Tierrechtler gemeinsame Sache mit dem UL bzw. mit Personen aus dem Dunstkreis dieses von Kritikern als totalitär und hochaggressiv eingestuften Psychokults macht (vgl. hier), hat kein Argument mehr zur Hand, weshalb er das nicht auch gemeinsam mit Neonazis machen könnte und sollte. Es reicht, wenn diese sich irgendein Tierschutzetikett wie Schächtgegner, Vivisektionsgegner oder ähnliches anheften – in der Tat suchen Neonazis seit geraumer Zeit, in der Tierrechts- und Veganszene Fuß zu fassen -, um prinzipiell zu Aktions- und Bündnispartnern werden zu können. Kontext und Zielrichtung treten dabei zwangsläufig in den Hintergrund. 

 

Abgrenzung gegen pseudotierrechtliche Gruppen 

 

Gerade in der einsichtigen Notwendigkeit, sich von der antisemitsch oder prinzipiell fremdenfeindlich motivierten Forderung von DVU, NPD oder der so genannten »Nationalen Sozialisten« nach einem Verbot des Schächtens abzugrenzen, wird die Absurdität deutlich der von Teilen der Tierrechtsbewegung erhobenen Forderung nach Zusammenarbeit mit jeder beliebigen Einzelperson und Gruppe, die, aus welcher Motivation immer, »Tierschutz« oder »Tierrecht« auf ihre Fahnen geschrieben haben. Tatsächlich ist gerade dann, wenn ein punktuell gleiches Ziel angestrebt wird – hier: ein Verbot des Schächtens -, konsequente Abgrenzung unabdingbar von Personen und Gruppen, deren dem Tierschutzgedanken übergeordnete Ideologie in Widerspruch steht zur Utopie einer herrschaftsfreien Gesellschaft. Der Neonazi kann ebensowenig zum Bündnispartner für die Tierrechtsbewegung werden wie der Papst oder die Prophetin des »Universellen Lebens«, nur weil sie irgendwo eine Position zu vertreten vorgeben, die für sich gesehen auch von dieser vertreten wird. 

 

Ernstzunehmender Einsatz für die Befreiung der Tiere ist immer auch Einsatz für eine herrschaftsfreie Gesellschaft. Psychokulte, Sekten, Religionsgemeinschaften jedweder Art, einschließlich der etablierten Kirchen, haben mit der Utopie der Befreiung von Mensch und Tier nichts zu schaffen; so wenig wie Nazis und Neo-Nazis. Es kann insofern keinen Schulterschluss geben mit Personen, Gruppierungen oder Institutionen, deren Tierschutz- oder Tierrechtsengagement einer tatsächlich tier-, menschen- und lebensfeindlichen Ideologie vorangestellt ist. Egal ob unter dem Kreuz, dem Hakenkreuz oder unter sonst einem der zahllosen Embleme von Unterdrückung, Ausbeutung oder Herrschaft.

 

rage&reason 

 

Ich halte eine vertiefte Auseinandersetzung mit tierrechtstheoretischen Fragen, wie sie im herkömmlichen Tierschutz meist völlig außen vor bleibt, für unverzichtbar, soll die weitgehende Konzeptions- und damit Einflußlosigkeit der Tierrechts- und Veganbewegung überwunden werden. Zusammen mit einigen Kolleginnen und Kollegen habe ich deshalb vor Jahren schon die Tierrechtsorganisation rage&reason begründet, die einen Beitrag zu solcher Auseinandersetzung zu leisten sucht.  

 

Eines meiner konkreten Tierrechtsprojekte dreht sich um die Abschaffung sogenannter Tierheilpraktiker, die ohne ernstzunehmende Ausbildung oder Qualifikation und mit gänzlich unbrauchbaren Verfahren (Aderlass, Bioresonanztherapie, Homöopathie etc.) an kranken Tieren herumdilettieren; ein anderes um die kritische Untersuchung und Bewertung »tiergestützter Therapieverfahren«, insbesondere der sogenannten Delphintherapie. Hand in Hand mit meiner tierrechtstheoretischen Arbeit engagiere ich mich sehr praktisch in einem Asyl für große Hunde in Niederbayern. Ich lebe selbst seit Jahren mit Doggen zusammen, die ausgesetzt oder schlechter Haltung wegen polizeilich beschlagnahmt worden waren. 

 

Great Ape Project 

 

Als Beiratsmitglied der Giordano Bruno-Stiftung koordiniere ich seit letztem Jahr den von der Stiftung initiierten relaunch des 1993 von Paola Cavalieri und Peter Singer begründeten Great Ape Project, das den Großen Menschenaffen – Gorillas, Orang Utans, Schimpansen und Bonobos – einige jener Grundrechte zu verschaffen sucht, die bislang nur für Menschen gelten: das Recht auf Leben, auf körperliche wie psychische Unversehrtheit sowie auf Freiheit und Selbstbestimmung im Rahmen ihrer natürlichen Anlagen. Zur unter Tierrechtlern viel und kontrovers diskutierten Frage, was den Einsatz gerade für Menschenaffen rechtfertigt, durch deren allfälligen Einbezug in die Rechtsgemeinschaft der Menschen sich nur die Grenzlinie verschöbe und nun Menschen und Menschenaffen auf der einen von allen anderen Tieren auf der anderen Seite trennte, woraus letztere – Elefanten, Delphine, Kühe, Schweine, Hühner etc. – keinerlei Nutzen bezögen, sage ich in aller Pragmatik: irgendwo muß schließlich begonnen werden. Zudem – und das ist das Entscheidende – stellen Menschenaffen den Dreh- und Angelpunkt des Verhältnisses Mensch-Natur dar, sie definieren wie nichts und niemand sonst die sakrosankte Grenzlinie zwischen Mensch und Tier: sind sie festgeschrieben »auf der anderen Seite«, sind das alle anderen Tiere mit ihnen. Würde die Grenze durchlässig, könnte das ein »Türöffner« sein, der letztlich allen Tieren – den menschlichen wie den nicht-menschlichen – zugute käme. Im besten Fall könnte es zu eben jenem Dammbruch führen, den die Vertreter der ‚alten Ordnung’ so sehr befürchten: zu einem radikalen Wandel des gesellschaftlichen Konsenses über das bisherige Verhältnis Mensch-Tier."

  

Literatur

  

Goldner, C.: Esoterik und Tierrechte. In: Witt-Stahl, S. (Hrsg.): Das steinerne Herz der Unendlichkeit erweichen: Beiträge zu einer kritischen Theorie für die Befreiung der Tiere.

  

Goldner, C.: Die Überwindung der Trennlinie zwischen Mensch und Tier. In: Giordano-Bruno-Stiftung (Hrsg.): Grundrechte für Menschenaffen (Schriftenreihe Band 4) – ab 30.03.2012 erhältlich auf www.alibri-buecher.de und im Buchhandel 

  

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Veröffentlicht am 29. Mrz 2012

 

Wir haben den Text von Colin Goldner und die Kommentare hierzu mindestens vorübergehend von unserer Website entfernt, nachdem wir darauf hingewiesen worden sind, dass sich dort Aussagen befanden, die die Grenzen des rechtlich Zulässigen überschreiten und Haftungsrisiken für uns begründen können. Wir müssen die Situation in Ruhe prüfen und bitten um Verständnis.

 

Nachtrag: Nach Prüfung der juristischen Aspekte sind wir zu der Ansicht gelangt, dass einige der Kommentare unzulässig waren, der Text von Colin Goldner die Grenzen des juristisch Zulässigen dagegen nicht überschritten hat. Da wir aber unsere Kräfte nur auf Bereiche konzentrieren wollen, die unsere satzungsgemäßen Ziele abdecken, gehen wir nicht das Risiko eines langwierigen und teuren Rechtsstreits ein. Daher bleibt der Text offline und die Kommentarfunktion abgeschaltet.

 

http://albert-schweitzer-stiftung.de/aktuell/beitrag-goldner

 

 

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