Wie soll das Ziel erreicht werden?

Das Great Ape Project, initiiert 1993 von den Philosophen Paola Cavalieri und Peter Singer, beinhaltet die Forderung, die Großen Menschenaffen - Schimpansen, Gorillas, Orang Utans und Bonobos -  aufgrund ihrer großen genetischen Ähnlichkeit mit dem Menschen und ihren ähnlich komplexen kognitiven, affektiven und sozialen Fähigkeiten bestimmte Grundrechte zuzuerkennen, die bislang dem Menschen vorbehalten sind: Das Grundrecht auf Leben, auf individuelle Freiheit und auf körperliche wie psychische Unversehrtheit, wodurch praktisch alle Fälle erfasst sind, die Menschenaffen in Bezug auf Menschen betreffen können: Jagd, Wildfang, Zirkus, Zoo, Tierversuche. Es solle den Großen Menschenaffen der gleiche moralische und gesetzlich zu schützende - das heißt: auch einklagbare - Status zukommen, der allen Menschen zukommt. Singer und Cavalieri, dazu eine Reihe hochrenommierter Wissenschaftler einschließlich Jane Goodall oder Richard Dawkins, wiesen überzeugend nach, dass die tradierte Ungleichbehandlung von Menschen und Menschenaffen im Lichte wissenschaftlicher Erkenntnis nicht länger haltbar und damit moralisch zu verwerfen ist.

 

Das Great Ape Project, hochambitioniert und engagiert auf den Weg gebracht, verlor allerdings nach ersten Erfolgen -1999 verbot Neuseeland per Gesetz sämtliche Experimente an Menschenaffen - relativ bald an Momentum und stagniert seit einigen Jahren ohne greifbares Ergebnis vor sich hin.

 

Was also tun, um neuen Schwung in das Great Ape Project zu bringen? In ein Projekt, das auf nichts weniger abzielt denn die Dekonstruktion der sakrosankten Grenzziehung zwischen Mensch und Tier; und das in seinem Potential als „Türöffner“ den offenkundig einzig praktikablen ersten Schritt in diese Richtung darstellt. Ganz abgesehen davon, dass eine globale Festschreibung von Grundrechten für die Großen Menschenaffen vielleicht deren letzte Überlebenschance als Art darstellt, und selbstredend für jedes einzelne ihrer Individuen ganz reale Befreiung bedeutete.

 

Einem Neustart des Projektes dürften heute weitaus größere Chancen beschieden sein, als Anfang der 1990er: alleine schon deshalb, weil tierrechtliches Bewusstsein weltweit sehr viel weiter fortgeschritten ist, als noch vor 20 Jahren; und zum anderen, weil über das Internet ganz neue Möglichkeiten der Vernetzung und damit der Ausübung politischen Drucks bestehen.

 

Das Great Ape Project könnte insofern als Klammer dienen, die gegenwärtig in eine Unzahl kleiner und zudem heillos untereinander zerstrittener Organisationen, Gruppen und Grüppchen der Tierrechts- und Tierbefreiungsszene auf den gemeinsamen  Nenner des Antispeziesismus zu vereinen: der Forderung nach Zuerkennung einklagbarer Grundrechte an nicht-menschliche Lebewesen; pragmatischerweise in einem ersten Schritt  an die Großen Menschenaffen, bei denen es sehr viel offensichtlicher ist als bei anderen nicht-menschlichen Tieren, dass sie über personales Bewusstsein verfügen, was ihre Aufnahme in die Gemeinschaft der Gleichen, der bislang nur Angehörige der Spezies Homo sapiens zugehören, zur ethisch verpflichtenden Notwendigkeit macht, will man die Idee von Recht und Gerechtigkeit aufrecht erhalten.

 

Grundrechte für Menschenaffen lassen sich, wie das Beispiel Neuseeland gezeigt hat, tatsächlich erkämpfen. Solch „türöffnendem“ ersten Schritt müssen und werden selbstredend weitere Schritte folgen mit dem Ziel eines umfassenden Paradigmenwechsels: hin zu einem radikalen Wandel des gesellschaftlichen Konsenses über das Verhältnis "Mensch-Tier", der letztlich allen Tieren - den menschlichen wie den nicht-menschlichen - zugute käme.

 

Fotos: Jutta Hof

Eine der ersten in Angriff zu nehmenden Maßnahmen ist eine Bestandsaufnahme der aktuellen Lebensbedingungen von Primaten in Deutschland und im europäischen Ausland. Allein in den 30 der mehr als 800 Zoos und Tierparks in Deutschland werden gegenwärtig etwa 250 Große Menschenaffen zur Schau gestellt. Während sich einige der wissenschaftlich geführten Zoos –  München, Frankfurt,  Leipzig vorneweg – um Haltungsbedingungen bemühen, die wenigstens dem bundesministeriellen Säugetiergutachten von 1996 entsprechen, das Mindestanforderungen an die Haltung von Wildtieren in Zoos formuliert, erfüllt die Primatenhaltung in anderen Zoos, in Stralsund etwa oder im niederbayerischen Straubing, noch nicht einmal diese grundlegenden Standards. Selbst die Minimalanforderungen des Tierschutzgesetzes werden mancherorts unterschritten. Aus den zu sammelnden und zu dokumentierenden Beobachtungen soll eine Dringlichkeitsliste für zu ergreifende Sofortmaßnahmen erstellt werden.

 

Über die vorliegende - und fortlaufend zu erweiternde - webseite soll über das Great Ape Project informiert und ein Netzwerk an Mitstreiterinnen und Mitstreitern geknüpft werden. Es soll insofern auch Kontakt zu Personen und Organisationen aufgenommen werden, die bereits mit verwandten Zielen oder Projekten befasst sind: die Stichting AAP in Holland, Monkey World im südenglischen Dorset oder Affen in Not in der Lüneburger Heide.

 

Darüberhinaus sind verschiedenste Aktionen und Publikationen geplant, über die ein möglichst breites öffentliches Interesse an den Zielen des Great Ape Project hergestellt werden soll; dazu gezielte Lobbyarbeit auf politischer Ebene.

 

Nicht zuletzt soll an bereits bestehenden Plänen mitgewirkt werden, ein eigenes Schutzzentrum für Menschenaffen zu etablieren.

 

vgl. auch: Great Ape Project relaunched. in: Tierbefreiung #72, Okt.2011

 

9 Reasons You Should Support Great Ape Personhood. in: The Dodo, 6.8.2014